Das erste Solarluftschiff der Welt
... im Zeppelin-Museum. „LOTTE“ - Fliegen mit Licht!
Fliegen mit Licht – das war die Vision von Prof. Dr. Bernd-Helmut Kröplin und seinen studentischen Mitarbeitern. 1992 entwarfen und bauten sie das erste solarangetriebene Luftschiff der Welt. Solarluftschiff „Lotte“ gilt noch heute weltweit als Vorbild für die Leichter-als-Luft-Technologie. Nach zahlreichen Flugeinsätzen im Dienste der Wissenschaft und beim Solarrennen in Australien wurde sie am 27.11.2014 im Zeppelin-Museum in Friedrichshafen Luftfahrtgeschichte und offiziell dem Museum als Schenkung übergeben.
Zur Übergabe des Solarluftschiffs Lotte an das Zeppelin-Museum in Friedrichshafen erschien u.a. ein Artikel im „Südkurier“: Artikel lesen.
„Als wir die Lotte bauten, gab es keine geeigneten leichten Solarzellen für die Luftschiffhülle. Wir haben deshalb vorhandene Solarzellen abgeschliffen, bearbeitet und erheblich leichter gemacht. Das waren sozusagen die ersten inoffiziellen „Dünnschichtsolarzellen““, erinnert sich Prof. Bernd-Helmut Kröplin. „Heute könnte man vielleicht Foliensolarzellen verwenden, damals waren wir mit unserer Entwicklung echte Pioniere.“
Die Idee war, an einem unbemannten Luftschiff zu zeigen, dass eine photovoltaische Energieversorgung ausreichende Kapazitäten für einen sinnvollen Einsatz eines Luftschiffes bieten kann. Das 16 m lange und 98 kg leichte Solarluftschiff hat dies in zahlreichen wissenschaftlichen Messeinsätzen (Smogdetektion, Wetterdaten) und bei der Teilnahme am Solarrennen 1993 in Australien bewiesen. Mit ihrer maximalen Flughöhe von 1000 m und einer Geschwindigkeit von max. 45 km/h war sie auf der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA)1993 in Stuttgart der weithin sichtbare Star.
Abbau von Solarluftschiff Lotte in ihrem Lotte-Truck.
LOTTE ist ein zugelassenes Luftfahrzeug mit der Kennung D-UISD. Da es zu Zeiten ihres Baus keine Vorgaben für die Zulassung eines Solarluftschiffes gab, wurde diese in enger Zusammenarbeit mit dem Luftfahrtbundesamt in Braunschweig erst geschrieben. „Wir haben die Vorgaben sozusagen selber erfinden und festlegen müssen“, erklärt Kröplin. Eine weitere Premiere in der Geschichte der „Lotte“ und der Luftschiffgeschichte. LOTTE wurde ab 1994 von der eigens dafür gegründeten Firma Airship Technologies GmbH betrieben.
Im Januar 2015 wird ein Bilder-Vortrag von Herrn Prof. Dr. Bernd Kröplin im Zeppelin-Museum in die bewegte Luftfahrtgeschichte der „Lotte“ einführen.
Gesteuert wird Lotte durch einen Piloten am Boden über zwei redundante Funkverbindungen, die die Steuerbarkeit auch bei Störung einer Frequenz noch ermöglichen. Um einen sicheren Betrieb des Luftschiffes zu gewährleisten, müssen sämtliche vitalen Größen des Luftschiffes ständig kontrolliert werden können. Diese Kontrolle erfolgt zum einen autonom an Bord über die Bordelektronik und zum anderen über einen Daten-Downlink zur Bodenstation. Ein weitere Downlink existiert für die Daten der „Payload“, das sind die Meßgeräte und Kameras an Bord, so dass neben der Aufzeichnung an Bord auch eine sofortige Kontrolle und Verarbeitung am Boden möglich ist.
Heckpropeller und Motoren der Lotte werden verstaut.
Die Versorgung des Luftschiffes mit elektrischer Energie, nicht nur für den Antrieb sondern auch für alle anderen Komponenten wie Rudermaschinen, Ballonettlüfter, Ballonettventile, Nutzlastversorgung und die komplette Bordelektrik zur Steuerung und Überwachung des Schiffes muss ständig gewährleistet sein und deshalb auch vom Boden überwacht werden. Die photovoltaische Energieversorgung durch Solarzellen liefert durch die sich ändernde Einstrahlungsleistung (Bewölkung, Tageszeit) und die im Flug ständig wechselnde Ausrichtung der Solarzellen zur Sonne eine ständig wechselnde Leistung, die unter Umständen auch zwischen Null und dem Maximalwert ständigen Schwankungen unterworfen ist. Deshalb wird die elektrische Energie in die Akkumulatoren eingeleitet und dort Zwischengespeichert. Dadurch fliegt Lotte auch noch bei absoluter Dunkelheit bis die Akkumulatoren erschöpft sind.
Der Antrieb mit dem Strom des an Bord befindlichen Akkumulators erfolgt über einen Elektromotor am Heck des Rumpfes. Der Schubstrahl des Motors lässt sich um die Quer- und die Hochachse drehen. Diese Schubvektorsteuerung dient der Manövrierbarkeit bei niedrigen Fluggeschwindigkeiten, bei denen die Wirksamkeit der Leitwerke und der Ruder nachlässt. Da die horizontale Balance des Schiffes als Ganzes erhalten bleiben muss, führt die Anordnung des Antriebs und der Leitwerke im Heckbereich des Schiffes zwingend zu der Anordnung der schweren Flugakkumulatoren im Bugbereich des Schiffes.
Als Auftriebsgas dient Helium, welches im Inneren der Luftschiffhülle untergebracht ist. Bei Ausdehnung oder Schrumpfung des Gasvolumens infolge Luftdruck- und Temperaturänderungen erfolgt ein dynamischer Druckausgleich durch zwei mit Luft gefüllte Ballonets. Diese erlauben auch eine Trimmung der Fluglage. Für den Notfall ist ein Heliumventil eingebaut, dass sich bei einer Steuerlosigkeit automatisch öffnet.
Das Luftschiff wurde in halb-starrer Bauweise ausgeführt. Die Hülle als pneumatisch tragende Struktur wird dabei durch starre Elemente unterstützt, die heute als Tensairity bekannt sind. Die starr ausgeführten Strukturteile des Luftschiffes sind die Nasenkonstruktion, der Systemschacht, der Mittelschacht, das Leitwerkskreuz und der Hecktopf mit Motorträger. Die tragenden Spannungen in der Hülle folgen aus dem Innendruck. Im Bugbereich sorgt eine starre Bugkappe mit daran angeschlossenen Stringern für die nötige Steifigkeit. Im Heckbereich bildet die Einheit aus Leitwerkskreuz, Verbindungsstangen und Hecktopf eine starre Einheit, die es ermöglicht, sowohl die durch den Schubvektor auch schräg zur Mittelachse auftretenden Antriebskräfte, als auch die Leitwerkskräfte in die Hülle einzuleiten.
Technische Daten: | ||
---|---|---|
Länge: | 16 m | |
Max. Durchmesser: | 4 m | |
Ballonetanteil: | circa 20 % | |
Solarzellenfläche: | max. 4,8 m² | (12 Solarzellenmodule zu je 0,4 m²) |
Solare Leistung: | max. 720 Watt | (Solarzellenfläche 4,8 m², Bestrahlung 1000 W/m² Wirkungsgrad ca. 15%) |
Max. Flughöhe: | circa 1000 m | (Solarzellenfläche 4,8 m², Bestrahlung 1000 W/m² Wirkungsgrad ca. 15%) |
Max. Geschwindigkeit: | 45 km/h | (Leistungsaufnahme des Motors 1500 W) |
Einsatzgebiete
Im Rahmen des Messprogramms EVA (Evaluierung berechneter Emissions-Datensätze am Beispiel der Stadt Augsburg) wurden mit LOTTE der Anteil verschiedener Gase (u.a. NOx, O3) in der Umgebungsluft gemessen. LOTTE ist das einzige Fluggerät, das ohne selbst Emissionen auszuscheiden, genau vorgegebene Kurse in vorgegebenen Höhen abfahren kann. Parallel dazu werden Position und Geschwindigkeit von Lotte, sowie Wind-Geschwindigkeit und -Richtung aufgezeichnet.
LOTTE wurde für Forschungszwecke an der Universität Stuttgart und als Messplattform für andere Institute genutzt. Im Rahmen der umfassend angelegten FORSCHER-GRUPPE LUFTSCHIFF (FOGL) wurde LOTTE zum Erprobungsträger für vielseitige Messvorhaben weiterentwickelt. Zwei Messgeräte – Plattformen mit eigener Stromversorgung und Schnittstellen zur Borddaten – Infrastruktur ermöglichen sehr verschiedenartige Messungen an Bord des Luftschiffes.
Ausgewählte „Lotte-Einsätze“ in Forschung und Wissenschaft:
- 26.06.2008 ff. mehrere Flugeinsätze mit Messeinrichtung für die TAO Group in Stuttgart
- 2002 Messflüge für Forschergruppe Luftschifftechnologie der DFG
- 100 Jahre Zeppelin in Friedrichshafen am 2.7.2000
- Solarinitiative in der Schweiz in 2000
- 1998 Messflüge für Forschergruppe Luftschifftechnologie
- 1998 Messflüge im Rahmen von EVA (Evaluierungsexperiment Augsburg)
- Solarrennen in Australien 1993